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Dresdens Polizei schafft die Demo-Norm
Von Redaktion | 6.Dezember 2010
Juryvotum Dresden 20.11.2010
Zugrunde gelegter Sachverhalt:
Am 20.11.2010 brachen ca. 500 Fans des SV Babelsberg 03 in den Morgenstunden auf, um ihre Mannschaft beim Auswärtsspiel gegen die SG Dynamo Dresden zu unterstützen. Knapp 60 Fans entschieden sich dabei für eine Zugfahrt mit der Regionalbahn gen Dresden.
Begleitet wurden die Zugfahrer von der einer Bundespolizeieinheit aus Blumberg. Die Fahrt nach und der Umstieg in Berlin verliefen trotz Verspätung reibungslos. Nachdem sich die Fans in Grüppchen in zwei Zugabteilen verteilt hatten, führten die Beamten auf dem Weg von Berlin nach Elsterwerda mehrere Identitätsfeststellungen durch. Ausschlaggebend dafür war ein aus dem Fenster gefallener oder geworfener Kronkorken. Die Beamten begründeten die Durchführung der Personalienfeststellungen damit, dass eine Person getroffen worden sein könnte sowie eine Verschmutzung vorliegen würde. Auf Nachfragen der begleitenden Fanbetreuerin, ob es verhältnismäßig sei, wegen eines aus dem Fenster gefallenen bzw. ggf. geworfenen Kronkorkens sieben Menschen einer Personenabfrage zu unterziehen, wurde das von den Beamten bejaht.
Auf der Weiterfahrt von Elsterwerda nach Dresden wurde ein weiterer Fan darüber belehrt, keine Fussballgesänge, welche zu Gewalt aufrufen würden, zu singen und auf Bahninventar zu trommeln. Ihm wurde in Aussicht gestellt, bei weiteren Verhaltensauffälligkeiten das Fußballspiel nicht im Stadion verfolgen zu dürfen.
Gegen 12.45 Uhr kamen die Zugfahrer am Dresdner Hauptbahnhof an. Vom Gleis wurden die Fans zu einem für sie bereitgestellten Bus geleitet, der sie nach einiger Verzögerung zum Stadion fuhr. Im Bus fuhren auch Polizisten der Landespolizei mit. Diese filmten die Fans. Auf die Frage nach dem Grund gab ein Beamter an, dass in jedem Bus gefilmt werde und nur in diesem Fahrzeugmodell eben noch keine Kameras installiert sei. Die Aufnahmen, so bestätigte er der Fanbetreuerin, würden nach dem Einsatz unverzüglich gelöscht werden.
Nach der Ankunft am Stadion und dem Verlassen der Busse, begaben sich einige Fans an einen angrenzenden Zaun, um ihre Notdurft zu verrichten. Am Bahnhof war ihnen diese Möglichkeit durch die Polizei zuvor verwehrt worden.
Die eingesetzten Beamten stellten daraufhin die Personalien der Betroffenen fest und setzten sie davon in Kenntnis, dass sie Ordnungswidrigkeiten begangen hätten und ihr Verhalten Anzeigen zur Folge hätten. Die betroffenen Fans wurden damit konfrontiert, aufgrund ihres Alkoholkonsums nicht in der Lage gewesen zu sein, die Verrichtung ihrer Notdurft hinauszuzögern. Aus diesem Grund wurden sie Alkoholkontrollen unterzogen.
Zuvor waren bereits die ca. 150 Busfahrer unter den Nulldreiern sowie die Teilnehmer der U-18-Fahrt des Fanprojekts am Stadion angekommen.
Einige Teilnehmer der U-18-Fahrt, die als erste das Stadionrund betreten hatten, waren dabei nach den turnusmäßigen Kontrollen durch den Ordnungsdienst zusätzlich von einer Polizeieinheit kontrolliert worden. Sie mussten dabei ihre Schuhe und Jacken ausziehen sowie ihre Geldbörsen präsentieren.
Das Spiel verlief ohne besondere Vorkommnisse.
Nach dem Abpfiff – die Babelsberger Fans feierten ihren 1:0-Sieg – kam es am Blockausgang zu einer Schubserei zwischen einem nicht als solchen zu erkennenden Dresdner Zivilbeamten und einigen Fans. Der Polizeibeamte hatte zuvor im Block eine Dresdner Fahne sicherstellen wollen, ohne sich als Polizeibeamter kenntlich gemacht zu haben, und machte im Anschluss daran mehreren aufgebrachten Fans Angebote zur körperlichen Auseinandersetzung.
Nach dem Spiel konnten die Zugfahrer wieder den für sie bereitgestellten Bus besteigen. Dieser verließ mit den anderen Bussen den Parkplatz. Auf der Fahrt vom Stadion zum Hauptbahnhof zeigte ein Mann einen Hitler-Gruß gen Bus. Die Fanbetreuerin sowie ein Fan drängten die Polizei, dies mit der Videokamera festzuhalten und strafrechtlich zu verfolgen. Der angesprochene Beamte wies darauf hin, dass seine Einheit nur für Geschehen im Bus zuständig sei und nicht für Ereignisse außerhalb des Busses. Ferner stellte er fest, seine Kollegen hätten das ja vielleicht gesehen und würden bestimmt tätig werden.
Am Hauptbahnhof wurden die Fans des SVB in die Unterführung zu den Gleisen geführt, wo diese ca. 20 Minuten ausharren mussten. Nach längerer Diskussion mit den Beamten durften die Fans einzeln die Gruppe verlassen, um ihre Notdurft zu verrichten. Zwei Fans wurde es gestattet, Getränke für die Gruppe holen. Schließlich konnte der Zug nach Elsterwerda bestiegen werden.
Die Fahrt dorthin verlief ereignislos.
In Elsterwerda trennten die Beamten die Babelsberger Fans auf dem Bahnsteig von Fans der SG Dynamo Dresden, da es zu einigen verbalen Auseinandersetzungen gekommen war.
Die Polizei fing nun ohne vorherige Ankündigung an, die Fans des SVB gen Unterführung zu schieben. Dabei stürzte ein Mädchen vor einer mobilen Rampe für Rollstuhlfahrer. Deshalb und aufgrund der Tatsache, dass die Unterführung, wohin die Fans gedrückt wurden, auch durch Polizeibeamte verstellt war, versuchten einige Fans, die Polizisten zurückzudrängen.
Infolge dieses Handgemenges wichen einige Fans aufgrund von Platzmangel auf die Gleise aus, währenddessen ein Güterzug sich bereits auf der Einfahrt in den Bahnhof auf genau diesem Gleis befand.
Nach dem Umstieg in Elsterwerda verlief die weitere Zugfahrt ohne Vorkommnisse
Wertung:
Insgesamt kann die Jury zwischen Null (beanstandungsfrei) bis 100 Punkte vergeben. In Städten, die mindestens 50 Punkte (Qualifikationswert) erhalten, besteht grundsätzlich Bedarf an einer weihnachtlichen Fandemonstration.
Nach umfassender Würdigung der Gesamtumstände erhält die Stadt Dresden
63 Punkte.
Gründe:
Die Jury geht davon aus, dass Fans, die in der 3.Liga oft eine weite Reise auf sich nehmen, um ihre Mannschaft auswärts unterstützen, einen Anspruch haben, möglichst wenig von Polizei und Ordnungsdienst behelligt zu werden.
Diesem deeskalierenden Anspruch ist der Dresdner Ordnungsdienst ganz überwiegend gerecht geworden.
Das Auftreten der Dresdner Polizeibeamten sowie insbesondere auch der an diesem Tag eingesetzten Bundespolizei zeigt hingegen deutlich, dass es in Dresden den grundsätzlichen Bedarf an einer weihnachtlichen Demonstration gibt.
Ein nicht unerheblicher Teil der eingesetzten Beamten verfolgte gegenüber den Fans eine unverhältnismäßig kleinliche Gangart. Dass die siebenfache Personalienfeststellung wegen einer vermeintlichen Ordnungswidrigkeit von Fans als schikanös empfunden wird, darf nicht verwundern. Ein solches Vorgehen hat ebenso wie die Verweigerung von Toilettengängen bei dann späterer Erstellung von Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen „Wildpinkels“ wenig mit deeskalierendem Verhalten zu tun.
Auch die verschärfte Überprüfung der Teilnehmer der U-18-Fahrt durch die Polizei war überflüssig.
Ferner wurde sowohl von den Fans, als auch von der Fanbetreuung die mangelnde Bereitschaft zur Kommunikation als problematisch empfunden.
Beim Umstieg in Elsterwerda führte dieser Mangel an Kommunikation in Verbindung mit einem widersprüchlichen Verhalten der Polizeibeamten zu potentiell lebensbedrohlichen Situationen.
Als vorbildlich kann hingegen der Service im neuen Dresdner Stadion angesehen werden – bei allerdings zum Teil unangemessen hohen Preisen.
Empfehlen würden wir der Dresdner Stadiongesellschaft die baulichen Gegebenheiten der gelb lackierten Fluchtwege im Block zu überdenken, da sich insbesondere dort im Verlauf des Spiels auf dem Gemisch aus Staub und verschütteten Getränken eine zum Teil spiegelglatte Fläche bildete, die den Sturz mehrerer Fans zur Folge hatte.
Aktueller Tabellenstand:
Potsdam 77 Punkte (außer Konkurrenz)
Brandenburg 76 Punkte
Wiesbaden 68 Punkte
Dresden 63 Punkte
Erfurt 57 Punkte
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Qualifikationswert verfehlt
Ahlen 27 Punkte
Jena 25 Punkte
Offenbach 24 Punkte
Unterhaching 14 Punkte
Koblenz 6 Punkte
Stuttgart 0 Punkte
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